Im Rahmen des Beteiligungsverfahrens zum Entwurf des Regionalen Raumordnungsprogrammes 2016 sind von Bürgerinnen und Bürgern viele Ängste, Sorgen und auch Änderungsvorschläge an unsere Fraktionsmitglieder vor Ort herangetragen worden.

Dies hat die SPD-Fraktion zum Anlass genommen, in der heutigen Sitzung des Ausschusses für Regionalplanung einen umfangreichen Fragenkatalog einzubringen. Die Verwaltung hat zugesagt, die Antwort zeitnah für das weitere Beratungsverfahren vorzulegen.

1. Die Windenergieanlagen im Bereich Leveste zwischen Leveste und Eckerde/ Großgoltern stehen über dem Grundwasserleiter, der der Wasserwerk Eckerde der kommunalen Stadtwerke Barsinghausen GmbH versorgt. Mehr als 50 % des täglichen Trinkwasserbedarfs der Stadt Barsinghausen wird aus der Brunnengalerie gewonnen, die von diesem Grundwasserleiter gespeist wird. In den vergangenen Jahren gab es immer wieder Belastungen des Grundwassers durch Pflanzenschutzmittel, die über die Oberfläche in das Grundwasser eingetragen wurden.

Die Stadtwerke Barsinghausen äußern die Sorge, dass bei einem zulässigen Repowering einerseits die schützende Oberflächendeckschicht weiter geöffnet und damit weitere Eintragsstellen ermöglicht werden und zudem die tiefer reichenden Fundamente der repowerten Windkraftanlagen den Grundwasserleiter berühren. Es besteht die Befürchtung, dass mit beiden Effekten eine Belastung des Grundwasserleiters nicht ausgeschlossen werden kann.

Wie beurteilt die Verwaltung auch vor dem Hintergrund des Windkrafterlasses der Nds. Landesregierung vom Februar 2016 (Nds. MBl. 7/2016) diese Situation und wie ist den Sorgen der Stadtwerke Barsinghausen Rechnung zu tragen?


2. In Lüdersen wurde bei einer Diskussionsveranstaltung zu den ausgewiesenen Vorrangflächen die deutliche Sorge geäußert, dass dort am Ortsrand wohnende behinderte (autistische) Menschen durch die Geräuschentwicklung und insbesondere die Rotorbewegung (Stroboskopeffekt) zusätzliche und für diese Personengruppe nicht tragbare Belastungen erfahren könnten. Daraus resultiert für die Bewohnerinnen und Bewohner die Forderung, den Grenzabstand der möglicherweise zu errichtenden Windkraftanlagen deutlich über die ausgewiesenen 800 m hinaus zu erhöhen.


3. In zahlreichen Veranstaltungen (auch in der kritisch zu beurteilenden ARD-Dokumentation vom vergangenen Sonntag Abend) wird immer wieder auf erhebliche Störungen bis hin zu Schädigungen vorhandener (seltener) Populationen des Rotmilans verwiesen. Dieser benötige ein ziemlich großes Jagdrevier, sei in vielen der ausgewiesenen Bereiche gesichtet worden und ansässig. Es wird die große Sorge geäußert, dass durch die Errichtung von insbesondere sehr hohen Windenergieanlagen eine Störung bis Vertreibung dieser Populationen erfolgen würde.

Es besteht daher wenig Verständnis, warum mit dem Hinweis auf beim späteren Genehmigungsverfahren erforderliche avifaunistische Untersuchungen nicht gleich auf die Flächenausweisung verzichtet wird, wenn Vorkommen geschützter Vogelarten bekannt sind.


4. In der ausgewiesenen Fläche zwischen Degersen und Egestorf liegt auf dem Gebiet des Barsinghäuser Ortsteils Egestorf ein Modellflugplatz, der als ein Teil der Naherholung des Deistervorlandes angesehen werden kann. Es gibt Aussagen seitens des dortigen Modellflugclubs, dass die Region früher zugesagt habe, im Falle einer Aufhebung der Betriebserlaubnis z.B. wegen der Errichtung von Windenergieanlagen bei der Suche einer Ersatzfläche behilflich zu sein. Ist dies der Regionsverwaltung bekannt und liegen der Regionsverwaltung darüber hinaus Kenntnisse über die Lösung derartiger Konflikte andernorts vor. Ist trotz der durch errichtete Windenergieanlagen erzeugten Turbulenzen ein Flugbetrieb möglich?


5. In Burgdorf ist ein bevorzugter Windenergiestandort entfallen, weil er mit einem Hochwasserschutzgebiet kollidiert. Könnte dieser Standort in einem Änderungsverfahren zum RROP wieder aufgenommen werden, wenn für die Region einheitliche Kriterien für den Bau von Windenergieanlagen in Hochwasserschutzgebieten entwickelt und abgestimmt werden?


6. Wie hoch ist der durchschnittliche tägliche Bedarf an elektrischer Energie in der Region?


7. Wie hoch sind der höchstmögliche und der durchschnittliche Beitrag der Windenergie zur Abdeckung dieses Bedarfs in der Region?


8. In der Bevölkerung wird immer wieder ein Abstand von 1000 m zwischen Siedlungen und Windkraftanlagen gefordert.

Wie viele bestehende und weitgehend akzeptierte Anlagen würden bei Anwendung dieser Entfernung entfallen?


9. Wieviele MW elektrischer Leistung wären damit nicht mehr installiert und müssten anders erbracht werden?


10. Wären zusätzliche Stromleitungen erforderlich, um den Strom an die Region heranzuführen?


11. Windkraftanlagen sind nach §35 Abs. 1 Nr. 5 Baugesetzbuch als Bauvorhaben privilegiert.

Ist davon auszugehen, dass die Windkraftanlagenbetreiber die Reduzierung der ausgewiesenen Flächen als ungenügende Berücksichtigung ihres Privilegs ansehen und gegen das RROP klagen würden?


12. Könnte es dann zu einer einstweiligen Anordnung des Gerichts kommen, so dass sofort wieder die Möglichkeit von Einzelanträgen auf Windkraftanlagen, auch mit einem geringeren Abstand zur Bebauung als 800m – wie aktuell vorgesehen – bestünde?


13. Mit dem eingebrachten Entwurf sind durch die vorgenommene Konzentration auf Vorrangstandorte 98,4 % der Regionsfläche frei von Windkraftanlagen. Wie sind die entsprechenden Prozentsätze für die einzelnen Städte und Gemeinden in der Region?


14. Wäre ein Landesgesetz denkbar, das Gemeinden mit hoher Konzentration von Windenergieanlagen im Finanzausgleich besonders berücksichtigt? Könnten Bürgerinnen und Bürger, die sich besonders belastet fühlen, ein solches Gesetz per Petition anregen?


15. Wie hoch ist die Anzahl der Stellungnahmen zum RROP aus den Gemeinde(teile)n, die bereits in der Nähe bestehender, ausgewiesener und ggf. anzupassender Vorranggebiete liegen, bezogen auf diese Standorte?


Detlev Herzig, Sprecher der SPD-Regionsfraktion Hannover für Regionalplanung
Dirk Härdrich, stellv. Sprecher der SPD-Regionsfraktion Hannover für Regionalplanung