Hintergrundinformationen zur Beratung des Haushaltes 2008 der Stadt Barsinghausen
Barsinghausen, d. 10.3.2008 |
Liebe Genossinnen, liebe Genossen,
die Beschlussfassung über den Haushalt 2008 ist abgeschlossen, die Diskussion war hart und engagiert von Seiten der SPD-Fraktion. Leider fand sich nur wenig davon in der örtlichen Presse wieder. Die aktuelle Situation ist jedoch einer politischen Diskussion um Inhalte und Ziele mehr als wert. Daher habe ich Aussagen unserer Haushaltsdebatte zusammengefasst und möchte sie Euch auf diesem Weg zur Verfügung stellen.
Um Aussagen über den Haushalt 2008 machen zu können, muss auch der aktuelle Stand der Finanzen betrachtet werden. Es lohnt also ein Blick auf den Jahresabschluss 2007 und die Frage, ob die derzeitigen Machthaber damit ihre Ziele, die sie sich selbst gesteckt haben, erfüllt haben. Damit möchte ich die Analyse der aktuellen Situation beginnen.
Hierzu ein Zitat aus dem Eckpunktepapier für die künftige Zusammenarbeit von CDU und FDP nach der Kommunalwahl (nachzulesen auf der Internetseite der CDU):
Punkt 1 und damit oberstes Ziel wird dabei wie folgt formuliert:
Verwaltung, CDU- und FDP-Fraktion bringen … einen „Konzeptplan zur Wiedererlangung kommunaler Gestaltungsfähigkeit“ auf den Weg. …
- Die Kreditverbindlichkeiten sollen in 5 Jahren halbiert werden.
- Der Schuldenabbau beginnt systematisch 2007.
Wie ist dieses nun gelungen? In Ermangelung eines Jahresabschlusses müssen wir zur Beantwortung dieser Frage den Bericht aus dem Finanzausschuss aus dem Dezember letzten Jahres heranziehen. In der dem Rat vorgelegten Infovorlage heißt es etwas hölzern:
- „Angesichts der Entwicklungen im Vermögenshaushalt …. muss davon ausgegangen werden, dass der dringend benötigte Budgetüberschuss… nicht erwirtschaftet wird, obwohl es zu erheblichen Mehreinnahmen beim Anteil an der Einkommenssteuer kommen wird.“
Das hört sich zumindest nicht nach solider Finanzwirtschaft an. Die Infovorlage gibt auch Aufschluss darüber, warum keine Budgetüberschüsse erwirtschaftet wurden. Hauptursache ist ein riesiges Loch resultierend aus der Fehleinschätzung verstärkt Wohnbaugrundstücke verkaufen zu können. Es heißt in der Vorlage:
- Belastungen im Vermögenshaushalt resultieren aus dem „Grundvermögensprogramm“ - statt geplanter 1.770.200 € konnten nur 700.000 € erwirtschaftet werden - d.h. nicht mal 40%
- „Es ist nicht gelungen die geplanten Grundstücksverkäufe in voller Höhe zu realisieren.“
40% ist ja wohl meilenweit von der „vollen Höhe“ entfernt! Schade nur, dass die geplanten Einnahmen schon mal verfrühstückt wurden, obwohl die Einbrüche beim Verkauf von Grundstücken schon frühzeitig sichtbar wurden. Hatte die SPD-Fraktion nicht bei der Verabschiedung des Haushaltes 2007 genau vor dieser Spekulationsblase gewarnt?
Über diese Einnahmen, die gar nicht geflossen sich, hinaus wurde aber auch weiter kräftig Geld ausgegeben. Es heißt in der Vorlage:
- Mehreinnahmen aus dem Anteil der Einkommenssteuer belaufen sich auf 960.000 €
Prima für unsere Stadt, dass die Steuereinnahmen nach vielen Jahren endlich wieder einmal kräftig steigen. Dazu hat allerdings die derzeitige Mehrheit gar nichts dazu getan- es fällt ihr einfach in den Schoß. Die Situation unserer Stadt habt die Gruppe mit den unerwarteten Mehreinnahmen leider nicht verbessert. Auch eine Haushaltssperre des Bürgermeisters, die in anderen Städten zu Einsparungen in Millionenhöhe führt, war angesichts der zu befriedigenden Begehrlichkeiten völlig wirkungslos. Die o.g. Vorlage schließt mit dem Fazit:
- „Es muss davon ausgegangen werden, dass der Verwaltungshaushalt mit dem geplanten Fehlbetrag abschließt.“ – Das sind 6.7 Mio €
Zur Erinnerung: „Der Schuldenabbau beginnt systematisch 2007“ hat die Gruppe selbst formuliert. Ziel verfehlt! Ein blamables Fundament für den Haushalt 2008.
Statt Haushaltskonsolidierung, die immer wieder kraftvoll angekündigt wurde und der schon frühzeitig die Luft ausgegangen zu sein scheint, wurden Prestigeprojekte mit einer ganzen Reihe von Grundsatzbeschlüssen angeschoben.
Hierzu einige Beispiele:
- Fast 2 Mio € für Hallenbad und Außenbecken (geplant waren höchstens 1.5 Mio)
- 2.1 Mio € für Feuerwehr Barsinghausen (steigende Tendenz) in Altimmobilie an falschem Standort (es musste die alte Bude sein, weil das Gerätehaus dann angeblich für maximal 1.2 Mio € zu haben gewesen wäre)
- 1.9 Mio € für Schulzentrum am Spalterhals und TSV Kirchdorf (alles auf Steuergelder abzüglich einzuwerbender Zuschüsse)
- 4 Mio € für Innenstadtsanierung (zugegeben mit einem Zuschussanteil des Landes)
Zugegeben, alles ganz schön, auch die SPD trägt das eine oder andere Projekt mit. Aber in der Gesamtschau auch alles sehr teuer und in der konkreten Umsetzung zu teuer. Allein die aufgezeigten Projekte belaufen sich auf rund 10 Mio €! Zugegeben auch, dass Zuschüsse eingeworben werden sollen, zugegeben auch, dass die Finanzierung nicht nur in einem Haushaltsjahr erfolgt… Aber- da muss man doch nicht fragen wo das Geld bleibt oder wo die rasant steigenden Schulden herkommen!
Zum Thema Umsetzung ein Beispiel wie systematisches Sparen konkret bei der Großgruppe aussieht. Es ist beliebig auf andere Bereiche übertragbar. Gemeint ist die Übertragung der Aufgabe der Wirtschaftsförderung auf die SGB: Noch in der letzten Wahlperiode wurde beschlossen die Aufgabe zu übertragen und natürlich auch zu finanzieren- da waren wir mit dabei. Was wurde jetzt aber aus der Finanzierung?
- aus 100.000 DM die wurden 100. 000 € - TEURO!
- Aus 1/3 Stelle Stadtmarketingmanagerin, die Stadt direkt tragen sollte wurden 2/3 (Die Stadtsparkasse ist nach blumigen Ankündigungen in der Presse doch nicht mit dabei)
- Die Person fängt frühestens zum 1.4.08 bei der SGB an- d.h. ¾ der jährlichen Kosten sind im HH zu finanzieren – die Finanzierung ist aber für ein ganzes Jahr vorgesehen
Mit der voran getragenen Monstranz „Wirtschaftsförderung“ wird jede noch so wenig nachvollziehbare Ausgabe gerechtfertigt, da heißt es immer- „das Geld ist gut angelegt“. Vielleicht sind das aber auch die Spardosen, so zusagen das Kleingeld, dass man für die Politik nach Gutsherrenart in der Tasche haben muss, um die eine oder andere Gefälligkeit erweisen zu können.
Wie man es hin oder herschiebt, irgendwann kommt die Rechnung auf den Tisch und dies üblicherweise mit einem städtischen Haushaltsplan. Da zeigt sich, all dieses rächt sich – es ist Zahltag!
Hektisch wird nach mehr oder weniger großen Einsparpositionen gesucht. Diese sind schnell gefunden und zwar in Aufgaben, die sich „nicht refinanzieren“ (ganz anders als bei der Wirtschaftsförderung!). Die aktuellen Beispiele:
- Streichung Busverkehr zwischen den Kindergärten
- Erhöhung Essensgeld in Kitas und Horten
- Schließung von Horten
- Ausdünnen des Personals für die Jugendarbeit
- (Teil-)Schließung des KJH Egestorf
- Verlagerung der Volkshochschule notfalls Aufgabe des Hauptsitzes in Barsinghausen
Selbst die in 2007 von CDU selbst eingeführten Projekte müssen Federn lassen:
- Familienhebammen Verwaltungsansatz wird um 5 000 € gekürzt
- Sprachförderung in 2007 schon nichts gelaufen, es bleibt nur noch ein Alibibetrag
- Streetworker, will man schon, darf aber nichts kosten…
Wurden all diese Maßnahmen nur scheinbar vorangetrieben, weil Anfang des Jahres die Landtagswahl war? Haben die Projekte nach der Wahl ausgedient?
Ist es nicht auffällig, dass in allen diesen Sparmaßnahmen Bildung drinsteckt. Kahlschlag in der lokalen Bildungslandschaft von den ganz kleinen in den Kitas bis zur Erwachsenenbildung in der Volkshochschule. Und von den sozialen Projekten bleibt auch nichts übrig! Als Kommentar in der Ratssitzung ereifern sich junge Ratsmitglieder der anderen Couleur: „Damit haben Sie die Leute doch nur verwöhnt!“ In der Tat, Genossinnen und Genossen, Bildung ist SPD- Politik. Die SPD hat auch in Barsinghausen viel aufgebaut. Darauf können wir zu Recht stolz sein und die SPD widersetzt sich zu Recht weiteren Einschnitten in diesen Bereichen. Bildung ist die wahre Zukunftsressource unserer Stadt und unseres Landes.
Es formiert sich Protest und das zu Recht. Wie wir es schon oft erlebt haben rudert die Gruppe zurück. Die erste Reaktion auf die vehementen Elternproteste: die Schließung von Einrichtungen wird um 1 Jahr verschoben. Daneben wird alles mit ein bisschen Kreativität gar nicht so schlimm. Auch hierzu einige Beispiele:
- Busverkehr zu den Kitas – Streichung ist vom Tisch, aber es gibt kein Geld mehr- Verwaltung soll gemeinsam mit den Eltern ein Konzept entwickeln…
- Essensgeld – Die Erhöhung wird abgemildert und eine Sozialstaffel eingeführt- aber so genau weiß keiner wie die aussehen soll… Gilt sie nur für Hartz IV Empfänger oder „z.B.“ für Hartz IV- Empfänger, d.h. für weitere Bezieher von Transferleistungen? Um welche Reduzierung soll es sich dabei handeln? Alles offen, aber schon mal beschlossen!
- Klimaschutzprogramm – Da wollte die Gruppe die Grünen, die sie ja schließlich tolerieren nicht ganz brüskieren. Das sieht dann so aus: tolle Idee machen wir aber ohne Geld!
- Bücherei – „wird mit einer Schulbücherei zusammengelegt“ war der erste Vorschlag, „wird an einen anderen Standort verlegt“ wurde in der Beratung ergänzt. Zusätzlich hieß es zum Schluss „oder sie bleibt da wo sie ist- nur billiger“!
- Falkenkeller – Benannt nach einer Jugendorganisation, die es in Barsinghausen gar nicht gibt. Wem will man zur Haushaltskonsolidierung den Raum denn da wegnehmen? Was ist eigentlich mit Wilhelm Busch oder Wilhelm Stedtler, sucht die Junge Union dieser Herren auch in den Schulen um sie auszutreiben?
Genossinnen und Genossen, die Qualität dieser Anträge ist grandios! Hier werden Prioritäten gesetzt, Förderung und Wertschätzung dadurch ausgedrückt, dass die Mittel gekürzt und möglichst auf Null gesetzt werden. Da kommt richtig was voran, wer soll das denn glauben?
Das Bild wird abgerundet durch das, was im Haushalt gänzlich fehlt: Die Finanzierung der dringenden Sanierungsarbeiten an der KGS Goetheschule!
28.8.2007 ließ sich die gesamte CDU- Fraktion mit Foto und Schlagzeile in der Presse abfeiern : „CDU forciert Sanierung der KGS Goetheschule“
- Damalige Schätzung 3,4 Mio € - alles in Allem Renovierung + Anbau
- Seit dem wurden Ansätze des GWB für die in 2008 geplante Sanierung schrittweise zurückgefahren – Verlagert auf 2009 ff
- In der Summe dringendsten Bauunterhaltung (Priorität A der Liste des Gebäudewirtschaftsbetriebes) beläuft sich inzwischen auf 800 T€
- Übrig geblieben für 2008 sind magere 175 T€ für die Fassadensanierung
Ein unhaltbarer Zustand! Das wissen auch Alle, aber es hat schließlich Priorität 400 T€ für die murmelnden Bäche in der Innenstadt bereitzustellen, da muss die Schule eben warten. Das will nur auch keiner so deutlich sagen, also wird ein Nebenkriegsschauplatz eingerichtet. Dieser heißt: Investitionen an der KGS- Goetheschule nur mit
- Vorbehalt einer Schulentwicklungsplanung
- Vorbehalt der kalten Aussperrung auswärtiger Schülerinnen und Schüler
Um dies zu unterstreichen, denn dass die Schülerzahlen in den kommenden Jahren deutlich sinken werden weiß jeder auch ohne ein zusätzliches Gutachten, schreit die FDP Skandal! „250 Schüler aus Schaumburg zahlen keine Gastschulgelder“ - das stimmt. Das war schon immer so und ist auch gar nicht anders vorgesehen- aber in Barsinghausen wird ja neuerdings eigenes Recht geschaffen. Gleichwohl, es stellt sich die Frage, ist die Stadt Barsinghausen durch die bestehenden Regelungen denn überhaupt benachteiligt? Genossinnen und Genossen, am 18.2.2008 fragten die SPD- Ratsfrauen Silvia Baltz und Angelika Dürbaum- Betsch im zuständigen Ausschuss an, wie viele Schülerinnen und Schüler aus Barsinghausen die Sek I des Gymnasiums in Bad Nenndorf besuchen. Keine Antwort, bei diversen telefonischen Nachfragen mussten sie sich quasi verlachen lassen, man hätte keine Zahlen und diese zu beschaffen sei so schwierig, dass man doch noch längere Zeit dafür bräuchte.
Irgendwann reichte es uns dann. Nach der Recherche von ein paar Telefonnummern hatten wir uns Ruck Zuck zum zuständigen Dezernenten des Landkreises Schaumburg durchgefragt, der auf Anhieb Auskunft geben konnte. Aktuell besuchen gut 200 Schülerinnen und Schüler aus Barsinghausen die Sek I in Bad Nenndorf. In den letzten Jahren waren es bis zu 23 % bei 7 Klassen in einem Jahrgang! Wo ist denn da die Benachteiligung der Stadt Barsinghausen. In den letzten Jahren haben wir richtig profitiert, aktuell ist die Bilanz leicht zu unserem Nachteil. Zumindest den handfesten Skandal, der eine Begründung dafür liefern könnte, die Fußbodenbeläge zu erneuern, sucht man wohl vergeblich. Zugegeben, die Zahlen sinken durch die neuen Schulgesetze. Damit kann und sollte man sich auch in Ruhe beschäftigen, aber bitte ohne kalte Aussperrung von Schülerinnen und Schülern unter Verschleierung der wahren Motive. Die SPD tritt auch weiter ein für die Diskussion um Qualität in der Bildung, für:
- Mittagessen
- Freizeitgestaltung in einer Ganztagsschule
- AG Angebote
- Arbeitsbedingungen für Pädagogen
Dieser Bedarf besteht für 900 Schülerinnen und Schüler in der Zukunft genauso, wie für aktuell 1300. Dafür muss etwas getan werden und das muß finanziert werden!
Die aktuellen Abwehrdiskussionen dienen dazu den akuten Handlungsbedarf zu verschleiern, den Rücken andere Investitionen (Stichwort „murmelnde Bäche“ etc.) freizuhalten und dabei das eigentliche Ziel zu vernebeln:
- den Rückbau der KGS Goetheschule
aus rein ideologischen Gründen! Wenn Herr Busemann es schon nicht geschafft hat die verhassten Gesamtschulen auszumerzen, so muss das dann eben vor Ort erledigt werden- notfalls auch durch Entzug der dringend benötigten Mittel für die Bauunterhaltung!
Liebe Genossinnen, liebe Genossen, lasst mich noch einmal die aktuelle Situation zum Haushalt 2008 und den Folgejahren in der Stadt Barsinghausen zusammenfassen:
- Mehr als 10 Mio € für Prestigeprojkte
- Fehlspekulationen bei der überzogenen Ausweisung von Bauland
- Bezahlt mit einem Kahlschlag in der lokalen Bildungslandschaft
Das Alles bei rasant steigenden Fehlbeträgen und einem Rekorddefizit von 10 Mio. €
Dafür stehen CDU/FDP und Grüne, die fast alle Beschlüsse gemeinsam getragen haben.
Genossinnen und Genossen, diese Politik braucht Gegenwehr, diese Politik braucht eine politische Debatte, diese Politik braucht eine starke SPD!
Ich freue mich auf weitere Diskussionen und erneuere auf diesem Weg auch das Angebot der Fraktion gern noch einmal zu Euch in die Abteilungen zu kommen.
Herzliche Grüße und frohe Ostern Im Namen Eurer Fraktion
