Deutschland ist stärker geworden, seit die SPD unser Land regiert. Unsere Gesellschaft ist heute liberaler, toleranter und offener. Die selbstbewusste Friedenspolitik und die ökologische Wende der rot-grünen Koalition haben sich durchgesetzt. Deutschlands Wirtschaft ist moderner, wettbewerbsfähiger und erfolgreicher auf den Märkten der Welt, als sie es vor 1998 war. Wir haben einen kraftvollen Aufschwung trotz weltwirtschaftlicher Risiken erreicht, und die gute wirtschaftliche Entwicklung hält an. Mit 40 Millionen Beschäftigten sind mehr Menschen in Arbeit als je zuvor. Mehr ältere Menschen finden heute Zugang zu Arbeit. Die Zahl derer, die auf Grundsicherung angewiesen sind, hat abgenommen. Die Arbeitslosigkeit ist gesunken. Allein im zurückliegenden Jahr haben mehr als eine halbe Million Menschen (631.000) einen regulären Arbeitsplatz gefunden. Die Sozialversicherungen sind finanziell stabiler. Der Staatshaushalt ist auf dem Weg der Gesundung.

Auch bei der Belastung der Bürgerinnen und Bürger durch Einkommenssteuern und Sozialabgaben hat die SPD Erleichterungen durchgesetzt: Seit 1998 haben wir den Eingangssteuersatz von 25,9 Prozent auf 15 Prozent und den Spitzensteuersatz von 53 Prozent auf 42 Prozent gesenkt – eine Entlastung von fast 60 Milliarden Euro, von der ein Großteil den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zugute kam. Eine Familie mit zwei Kindern zahlt heute bis zu einem Bruttoeinkommen von 37.610 Euro im Jahr faktisch keine Steuern mehr. Deutschland hat heute, im Gegensatz zu 1998, mit 22 Prozent eine der niedrigsten Steuerquoten unter den vergleichbaren Industrienationen und zugleich einen modernen und leistungsfähigen Staat.

Wir haben Grund zu Selbstbewusstsein, aber keinen Anlass zur Selbstzufriedenheit. Denn wir stehen vor neuen Herausforderungen. Noch ist der Aufschwung gespalten: Zu viele Menschen in der Mitte unserer Gesellschaft haben vom Wachstum nicht gewonnen. Die Löhne haben mit dem allgemeinen Wohlstandszuwachs nicht mitgehalten. Die Kosten der Lebenshaltung sind stark gestiegen, insbesondere die Aufwendungen für Energie. Zu viele Unternehmen benutzen die als Brücke in den ersten Arbeitsmarkt konzipierten Veränderungen bei der Arbeitnehmerüberlassung und bei geringfügiger Beschäftigung, um reguläre Stellen durch prekäre Jobs zu ersetzen.

Auch die Belastung mit Sozialabgaben ist ungerecht verteilt, sie drückt besonders im unteren und mittleren Lohnbereich. Noch immer gibt es keine gleichen Bildungschancen in Deutschland.

Das ist die Lage unseres Landes: Auf vielen entscheidenden Feldern so erfolgreich wie nie zuvor, aber gespalten, was die Teilhabe am Erfolg angeht.

Von diesem Punkt aus richten wir den Blick in die Zukunft: Sozialen Aufstieg für alle zu ermöglichen und die auseinander strebenden Kräfte der Gesellschaft neu zusammen zu führen, das ist die zentrale Aufgabe der Sozialdemokratie. Wir wollen eine neue Aufstiegskultur, in der wir gemeinsam vorankommen und der Erfolg des Einzelnen zum Aufstieg der ganzen Gesellschaft beiträgt.

Die wirklichen Leistungsträger unseres Landes machen ihre Arbeit verantwortungsbewusst und zuverlässig. Sie sorgen für ihre Kinder. Die meisten von ihnen verfügen über kein großes Vermögen und haben nicht das Privileg einer großen Erbschaft. Sie sind die solidarische Mehrheit. Gerade für sie muss gelten, dass Leistung sich auszahlt und Grundlage für eine sichere Existenz ist.

Unser Ziel ist eine durchlässige Gesellschaft der fairen Regeln, die diese Sicherheit durch wirtschaftliche Stärke, gute Arbeit und gleiche Bildungschancen ermöglicht. Diese Gesellschaft braucht den handlungsfähigen Staat, der Investitionen sichert und eine vorsorgende Sozialpolitik leistet. Solide Haushaltspolitik ist dabei die Grundvoraussetzung der nachhaltigen Finanzierung sozialer Sicherungssysteme und der Generationensolidarität. Die Lasten zur Finanzierung dieses Staates müssen gerecht verteilt sein. Das ist der Kern unseres Projektes „Aufstieg und Gerechtigkeit“.

  • Es gilt, die wirtschaftliche Leistungskraft Deutschlands nicht nur zu erhalten, sondern auszubauen. Es geht um nachhaltiges Wachstum und ökologische Erneuerung.
  • Es gilt, die Arbeitslosigkeit nicht nur zu bekämpfen, sondern zu besiegen. Es geht um gute Arbeit für alle. Vollbeschäftigung ist möglich.
  • Es gilt, nicht die Angst vor dem Abstieg zu beklagen, sondern sozialen Aufstieg für alle zu ermöglichen. Es geht um gleiche Lebenschancen und Teilhabe am wirtschaftlichen Erfolg.
  • Es gilt, die Ungerechtigkeit bei der Bewertung von Leistung und der Verteilung von Lasten nicht nur anzuprangern, sondern Leistungsgerechtigkeit gegen egoistische Klientelinteressen durchzusetzen.
  • Es gilt, nicht nur die Risiken der Globalisierung zu beschreiben, sondern Deutschland und Europa als Friedensmacht zu stärken und eine neue Entspannungspolitik voranzubringen. Wir werden die Chancen der Globalisierung nutzen, indem wir an einer Kultur des Dialogs und der Entwicklung gemeinsamer Interessen arbeiten. Die Stärkung der sozialen Dimension innerhalb Europas ist ein wichtiger Baustein für eine friedliche und gerechte Weltordnung.

1. Wirtschaftliche Leistungskraft

Wir müssen unsere wirtschaftlichen Stärken ausbauen, um das soziale Deutschland zu ermöglichen. Unser Erfolg gründet in einem wettbewerbsfähigen Industriestandort, einer mittelständischen Unternehmenslandschaft, einer qualitätsbewussten Wettbewerbskultur, die neue Produkte und Dienstleistungen entdeckt und entwickelt. Unsere Stärke ist eine soziale Marktordnung, die der Qualität der Arbeit dient. Wir sind fest in die internationalen Märkte eingebunden. Deutschland ist Gewinner der Globalisierung. Stärker werden muss in Zukunft die Binnennachfrage in Deutschland, nicht zuletzt um weltwirtschaftliche Risiken ausgleichen zu können.

Wachstum für Deutschland heißt heute mehr denn je, das Grundprinzip der Nachhaltigkeit zu verfolgen. Nachhaltiges Wachstum erfordert eine breite Beteiligung der Menschen an Qualitätsarbeit und eine hohe Kaufkraft der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, um Qualitätsprodukte nachfragen zu können. Der Schlüssel ist eine Strategie, den internationalen Wettbewerb über bessere, nicht billigere Produkte und Dienstleistungen zu bestehen. Hochwertige Produkte ermöglichen höhere Löhne. Bessere Regeln für die Finanzmärkte müssen langfristige Innovationsstrategien unterstützen.

Nachhaltiges Wachstum heißt, ökologische Innovationen für den ökonomischen Fortschritt zu nutzen. So sichern wir die industrielle Basis des Standorts Deutschland. Mit nachhaltiger Wirtschaftspolitik und Standortentwicklung setzen wir auf die Leitmärkte der vor uns liegenden Jahrzehnte.

Energie- und Umwelttechnik

Wir setzen unsere seit 1998 gezielt aufgebaute ökologische Industriepolitik fort. Mit Investitionen und intelligenten ordnungspolitischen Anreizen gilt es, den ökologischen Umbau klassischer Branchen wie Maschinenbau, Fahrzeugbau oder Chemieindustrie voranzutreiben. Angesichts steigender Ölpreise gilt es, die Effizienz beim Einsatz von Ressourcen zu vervielfachen. Wir brauchen eine „Effizienzrevolution“ im produzierenden Gewerbe ebenso wie beim privaten Verbrauch. Mittel- und langfristig brauchen wir regenerative als Alternative zu fossilen Energien. Das ist die Antwort auf den Klimawandel. Das ermöglicht es, die Mobilität in Zukunft besser zu bewältigen. Es hilft, die Energiekosten zu stabilisieren.

Die Märkte der Energie- und Umwelttechnologie hatten in den vergangenen Jahren hohe Wachstumsraten und werden in Zukunft ihren Anteil an der industriellen Wertschöpfung erheblich steigern. Allein zwischen 2007 und 2009 ist bei „grüner Technologie“mit einem Beschäftigungsaufbau von 13 Prozent zu rechnen.

Gesundheit

Der demografische Wandel macht Gesundheitsleistungen zu einer wichtigen Zukunftsaufgabe. Von medizinisch-technischen und pharmazeutischen Innovationen bis zu anspruchsvollen Präventions- und Pflegedienstleistungen wächst die Gesundheitswirtschaft. Qualitätsproduktion und gute Arbeit sind hier ganz unmittelbar mit der Lebenserwartung und Lebensqualität der Menschen verbunden.

Mobilität und Logistik

Deutschland ist die Logistikdrehscheibe in der Mitte Europas. Internationale Arbeitsteilung und Spezialisierung, die Vernetzung des europäischen Binnenmarktes erhöhen die Nachfrage nach Transportdienstleistungen. Der Mobilitätssektor gehört zu den dynamischen Wachstumsbranchen der Globalisierung. Investitionen in die Infrastruktur und intelligente Lösungen der Verkehrssteuerung sind herausragende Aufgaben.

Kreativwirtschaft

Die Wertschöpfung der Kreativwirtschaft (Verlagswesen, digitale Medien, Software, Design, Film und Musik) nimmt beständig zu. Eine offene, tolerante und internationale Kultur geht einher mit einer lebendigen und innovativen Kreativwirtschaft. Besonders hier entstehen neue Formen der Arbeit, die ein hohes Maß an Selbständigkeit bieten, aber auch viel Flexibilität abverlangen. Wir wollen, dass in der Kreativwirtschaft neue und sichere Arbeitsplätze entstehen.neue und sichere Arbeitsplätze entstehen.

2. Gute Arbeit für alle

Gute Arbeit ist eine zentrale Voraussetzung für gesellschaftliche und wirtschaftliche Teilhabe.Deshalb setzen wir auf nachhaltiges Wachstum und bekräftigen unser Ziel der Vollbeschäftigung. Mangelnde Teilhabe am Wachstum hat ihre Ursache aber auch in schlecht bezahlter und ungesicherter Arbeit. Deshalb verstärken wir unsere Bemühungen um gerechte Einkommen und sozialversicherte Arbeitsplätze. Die normalen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Facharbeiter und Angestellte, aber auch gering verdienende Selbstständige sind es, deren Einkommenslage sich verbessern muss.

Dazu ist ein gerechter Anteil am wirtschaftlichen Erfolg notwendig. Eine aktive Tarifpolitik muss die vorhandenen Spielräume ausschöpfen.

Wir verstärken unseren Einsatz für Mindestlöhne in Deutschland. Wer Vollzeit arbeitet, muss von seinem Lohn anständig leben können. Alles andere verletzt die Gerechtigkeit und Fairness der sozialen Marktwirtschaft auf schwere Weise. Und es verstößt gegen das ordnungspolitische Fundamentalprinzip, staatlich subventionierte Dumpingkonkurrenz auszuschließen. Dumping heißt im Wortsinne „abladen“. Nichts anderes aber ist das betriebliche Kalkül, Arbeitskosten zu drücken und beim Staat abzuladen, was den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zum Leben fehlt.

Von einem flächendeckenden Mindestlohn würden heute Millionen Menschen profitieren. Er würde das Tarifgefüge stabilisieren. Nicht zuletzt wäre er ein Beitrag, das zukünftige Rentenniveau zu heben und Altersarmut vorsorgend zu bekämpfen. Durch die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns würden die Renten um 1 Prozent steigen.

Für leistungsgerechte Löhne muss der Staat mit gutem Beispiel vorangehen. Wir wollen, dass öffentliche Aufträge nur noch an Auftragnehmer gehen, die Tariflöhne bezahlen. Deshalb setzen wir unsere Anstrengungen für europarechtskonforme Tariftreueregelungen fort.

Der europäische Binnenmarkt kann auf Dauer nicht erfolgreich sein, wenn er die Wettbewerbsfreiheit nicht in gleichermaßen verbindliche soziale Regeln einbettet.

Mit unseren Reformen am Arbeitsmarkt haben wir die gesetzliche Regelung der Zeitarbeit geändert, um mehr Beschäftigung zu ermöglichen. Unser Ziel war immer: Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eine Brücke in reguläre Beschäftigung zu bauen. Für Betriebe die Möglichkeit zu verbessern, vorübergehende Auftragsspitzen zu bewältigen.

Und: Gleichbehandlung. Wir haben die Entwicklung geprüft und sehen: Rund 60 Prozent der Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer sind aus der Arbeitslosigkeit heraus in Beschäftigung gekommen. Das ist gut. Aber zu wenige von ihnen bleiben auch in Beschäftigung. Um Missbrauch und dauerhaft gespaltene Belegschaften zu verhindern, wollen wir erstens Mindestlöhne für die Branche und zweitens gleichen Lohn und gleiche Arbeitsbedingungen wie für die Kernbelegschaft realisieren. Das ist gerecht. Und es ist geboten, um Leiharbeit aus dem Zwielicht des Lohndumpings herauszuholen.

Wir haben die richtigen Schritte für eine höhere Erwerbsbeteiligung Älterer eingeleitet. Wir stärken damit die Wachstumskräfte und stabilisieren die Rentenfinanzen. In einer Gesellschaft des längeren Lebens und angesichts des sich abzeichnenden Fachkräftemangels ist die weit vorausschauende Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters bis 2029 auf 67 Jahre ein richtiger Schritt.

Wir wollen ihn flankieren durch arbeitsmarkt- und sozialpolitische Regelungen, die flexible Übergänge in den Ruhestand ermöglichen: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollen ab 2010 ab dem 60. Lebensjahr eine Teilrente in Anspruch nehmen können. Die Hinzuverdienstgrenzen sollen dabei wegfallen, mindestens aber deutlich angeboben werden. Voraussetzungen sind, dass durch den Teilrentenbezug im späteren Verlauf keine Abhängigkeit von der Grundsicherung im Alter verursacht wird, dass mit dem Arbeitgeber eine entsprechende Arbeitszeitverkürzung vereinbart ist, sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vorliegt und der auf die Teilrente entfallende erhöhte Abschlag durch Beitragszahlung des Arbeitgebers ausgeglichen worden ist.

Altersteilzeit kann in Zukunft und zeitlich befristet bis zum Jahr 2015 durch die Bundesagentur für Arbeit gefördert werden, wenn der Arbeitgeber die frei gewordene Stelle mit einem Ausbildungsabsolventen bzw. einer Ausbildungsabsolventin in einem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf wiederbesetzt.

Für Kleinbetriebe prüfen wir, ob die Förderung auch gezahlt werden kann, wenn im Gegenzug Auszubildende eingestellt werden. Damit Lebensarbeitszeitkonten als sinnvolles Instrument für einen gleitenden Übergang in den Ruhestand ohne Risiko für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer genutzt werden können, wollen wir eine gesetzliche Verpflichtung zur Insolvenzsicherung solcher Arbeitszeitkonten.

Für die Sicherheit in einer sich wandelnden Arbeitswelt wollen wir neue Wege gehen. Die Erwerbsbiografien der Zukunft sind mit häufigeren Wechseln des Arbeitsplatzes verbunden. Selbstständige Erwerbsformen erfordern neue Absicherungen. Zudem erleben Frauen und Männer zunehmend einen Wechsel von Phasen der Beschäftigung und der Nichterwerbstätigkeit, zu der auch gewollte Auszeiten für Qualifizierung, Kinderbetreuung oder die Pflege älterer Familienangehöriger gehören.

Wir wollen deshalb die Arbeitslosenversicherung zu einer Arbeitsversicherung weiter entwickeln, die Übergänge absichert und ein Recht auf Weiterbildung ermöglicht. Dazu werden wir im Herbst 2008 unser Konzept vorlegen.

Damit gute Bildung sich lohnt und für die Gesellschaft zu guten Bildungsrenditen führt, brauchen wir gute Arbeit mit leistungsgerechter Entlohnung.

3. Gleiche Bildungschancen

Gleiche Bildungschancen bedeuten gleiche Lebenschancen. Wir sehen aber, dass der Bildungserfolg der Kinder in Deutschland noch immer von der sozialen Herkunft der Eltern abhängig ist. Wir wollen mit einer Bildungsoffensive für gleiche Chancen sorgen. Unser Bildungssystem darf Leistungen nicht nur bewerten, zuerst muss es Begabungen entdecken, fördern und entfalten.

Ein erster und dringender Schritt, Chancen zu eröffnen, ist es, Kinderarmut zu überwinden. Wir werden auf unserer Kinderkonferenz am 16. Juni einen 10-Punkte-Plan gegen Kinderarmut vorlegen.

Die Durchsetzung des Rechtsanspruchs auf einen Betreuungsplatz und die schrittweise Abschaffung der Kindergartengebühren verbessern gleiche Bildungschancen schon vor der Schule. Hier gilt es Sprachbarrieren zu überwinden und die Weichen für den Prozess der sozialen Integration zu stellen. Internationale Vergleichsstudien bestätigen den nachhaltigen Erfolg früher Förderung. Sie verbessert die Schulleistungen und bestimmt den Lebensweg bis in die Arbeitswelt.

Wir setzen den unter SPD-Führung beschlossenen und begonnenen Ausbau der Ganztagsschulen mit Nachdruck fort. Wir handeln dabei „im Bund mit den Ländern“. Für bessere Schulbildung muss der solidarische Föderalismus zu einer gemeinsamen Kraftanstrengung in der Lage sein.

Wir streben ein gebührenfreies Bildungssystem an, das auf jeder Stufe ein Recht auf Bildung verwirklicht. Das ist eine Antwort auf die Blockade des sozialen Aufstiegs für viele Kinder und Jugendliche. Deshalb lehnen wir auch Studiengebühren ab. Wo die SPD in den Ländern regiert, bleiben Studiengebühren für das Erststudium ausgeschlossen. Wo wir neue Mehrheiten gewinnen, werden die von Konservativen eingeführten Studiengebühren wieder beseitigt.

Wir wollen, dass kein Jugendlicher ohne qualifizierenden Schulabschluss bleibt. Auch für Erwachsene werden wir eine zweite und dritte Chance garantieren. Jede Bürgerin und jeder Bürger soll ein Recht bekommen, den Schulabschluss nachzuholen. Auch ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen ein Recht auf Weiterbildung bekommen.

Gleiche Bildungschancen verbinden den individuellen Aufstieg mit dem Fortschritt unseres ganzen Landes. Denn je besser die Menschen ausgebildet sind, je größer ihr Wissen und ihr Können, desto größer wird der Wohlstand unserer Gesellschaft in der Zukunft sein. Wenn wir auf diesem Weg vorankommen wollen, brauchen wir einen leistungsfähigen, in Bildung, Wissen und soziale Integration investierenden Staat, der von einer bildungsfreundlichen Gesellschaft getragen wird. Diese Richtungsentscheidung hat haushaltspolitische Konsequenzen für die finanzielle Handlungsfähigkeit von Bund, Ländern und Kommunen, die wir gegen populistische Steuersenkungswettläufe verteidigen.

4. Leistungs- und Einkommensgerechtigkeit

Der Bund hat die historische Chance, im Jahr 2011 wieder einen Haushalt vorzulegen, der ohne neue Schulden auskommt. Auch dann werden wir noch die Lasten der aufgelaufenen Bundesschuld zu tragen haben. Doch die Spielräume für die Zukunftsaufgaben bei Investitionen, Bildung und vorsorgender Sozialpolitik werden dann langsam aber sicher größer. Deshalb halten wir Kurs auf das Konsolidierungsziel, bis 2011 die Neuverschuldung auf Null zu senken.

Wir werden im Sommer Eckpunkte für eine neue Schuldenregel vorlegen. Wir wollen gewährleisten, dass der Staat seine Aufgaben solide finanzieren kann. Unseriöser Schaufensterpolitik, die ein Verschuldungsverbot und unfinanzierte Steuersenkungen gleichzeitig fordert, schieben wir einen Riegel vor.

Entlastung für untere und mittlere Einkommen

Für die arbeitenden Menschen in Deutschland sind die Sozialabgaben ein weit größeres Problem als die Steuern. Bis zu einem Jahresbruttolohn von 40.000 Euro sind bei Ledigen die Sozialabgaben höher als die Steuerbelastung. Auch im internationalen Vergleich hat Deutschland moderate Steuersätze, aber zu hohe Abgaben, besonders im unteren und mittleren Einkommensbereich. Wir wollen daher vor allem die Sozialabgaben für geringe und mittlere Einkommen senken. Dies hat Priorität vor weiteren Steuersatzsenkungen. Es ist ein Gebot der sozialen Gerechtigkeit und der wirtschaftlichen Vernunft, steigende Steueraufkommen künftig nicht an Gut- und Spitzenverdiener auszuschütten, die ohnehin überproportional vom Aufschwung profitiert haben, sondern gezielt und konzentriert für die Abgabenentlastung der Arbeitnehmermitte zu verwenden.

Wir wollen im Laufe der nächsten zehn Jahre eine Sozialabgabenquote von unter 36 Prozent erreichen, ohne dabei das Leistungsniveau der sozialen Sicherungssysteme abzusenken. Für eine Krankenschwester mit einem monatlichen Einkommen von 2.500 Euro bedeutet dies eine Entlastung von rund 600 Euro im Jahr. Während eine Krankenschwester in Höhe von 10 Prozent ihrer bisherigen Sozialabgaben entlastet wird, profitieren Spitzenverdiener um weniger als 0,1 Prozent davon.

Mit diesem Ziel vor Augen wollen wir die Steuerfinanzierung der Sozialsysteme ausbauen. Noch in dieser Legislaturperiode werden wir die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge stärker als bislang steuerlich freistellen. Mittelfristig erhöhen wir den staatlichen Zuschuss für die Krankenkassen von heute unter 3 Mrd. Euro bis zum Jahr 2016 auf 14 Mrd. Euro.

Unser Ziel ist eine Bürgerversicherung im Gesundheitswesen, die alle Bürgerinnen und Bürger einbezieht und nach ihrer Leistungsfähigkeit an der Finanzierung beteiligt.

Familien tragen besondere Lasten. Aber es sind die Familien mit geringeren Einkommen, bei denen Kinder zum Armutsrisiko werden. Deshalb stellen wir den Familienleistungsausgleich auf den Prüfstand: Wir wollen dafür sorgen, dass Familien mit höheren Einkommen nicht stärker gefördert werden als Eltern mit geringeren Einkommen. Genau das aber ist das Resultat im geltenden System der Kinderfreibeträge. Sie wirken am meisten bei hohen Einkommen, gehen aber an denjenigen vorbei, die wenig oder keine Steuern zahlen. Diese Schieflage will die CSU mit ihren Forderungen noch verschärfen. Jedes Kind muss uns gleich viel wert sein. Deshalb brauchen Kinder, deren Eltern ein geringeres Einkommen haben, mehr Unterstützung durch die Gemeinschaft. Wir werden die Kinderfreibeträge auf das verfassungsrechtlich erforderliche Maß anheben und öffentliche Mittel zur Unterstützung von Familien so gestalten, dass geringe Einkommensgruppen stärker profitieren.

Kapital in Arbeitnehmerhand

Der gespaltene Aufschwung zeigt sich auch an der ungleichen Entwicklung von Einkommen aus Arbeit und aus Kapital. Vor allem der Zuwachs der Kapitalrenditen ist enorm.

Wir wollen erreichen, dass mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an den Kapitalerträgen teilhaben. Deshalb haben wir das Konzept eines „Deutschland-Fonds“ vorgelegt. Wir konnten davon wichtige Bausteine in der Großen Koalition durchsetzen.

Wir weisen mit der Fondslösung einen innovativen Weg, der gerade auch denjenigen Unternehmen hilft, Mitarbeiter zu beteiligen, die nicht an der Börse notiert sind. Das Insolvenzrisiko wird durch breite Streuung der Fondsbeteiligung minimiert. Wir konnten ebenso erreichen, dass die Beteiligung kein Lohnbestandteil ist, sondern zusätzlich geleistet wird. Die Mitarbeiterbeteiligung geht also nicht zu Lasten der Löhne.

Natürlich realisiert sich der Kapitalaufbau erst über die Jahre hinweg. Aber der Anfang ist gemacht. Was wir jetzt beginnen, wird über lange Zeit Früchte tragen.

Solidarität und Beteiligung der Spitzenverdiener

Zu unserem Projekt Aufstieg und Gerechtigkeit gehören auch die Menschen in Deutschland, die große Einkommen erzielen und über hohe Vermögen verfügen. Auch sie sind Teil unserer Gesellschaft, in der sie ihren Wohlstand aufgebaut haben – mit eigener Leistung, aber auch durch die Vorzüge unseres Landes, von der Bildung über den Rechtsstaat bis zur Infrastruktur.

Viele wohlhabende Bürgerinnen und Bürger sagen bewusst, dass dieses Land ihnen vieles gegeben und ermöglicht hat und dass sie aus Überzeugung ihren Teil an der Finanzierung der Zukunftsaufgaben tragen.

Leistungsgerechtigkeit erfordert eine gerechte Besteuerung großer Einkommen, hoher Vermögen und Erbschaften. Denn aus den Steuereinnahmen kann die Gemeinschaft dafür sorgen, dass eine neue Generation – unter ihnen die Kinder aus sozial benachteiligten Elternhäusern und aus Einwandererfamilien – gute Chancen für den sozialen Aufstieg bekommt. Sie kann sicherstellen, dass niedrige und mittlere Einkommen entlastet werden. Was ist leistungsfreundlicher und zukunftsorientierter als eine solche Politik?

Für große Einkommen ab einem Jahresbrutto von 250.000 Euro für Ledige und 500.000 Euro für Verheiratete haben wir deshalb den Spitzensteuersatz auf 45 Prozent erhöht. Wir wollen, dass diese Steuer bereits bei 125.000 Euro bzw. 250.000 Euro einsetzt. Auch eine Wiederbelebung der Vermögensteuer werden wir prüfen. Die so erzielten Steuermehreinnahmen sollen für Zukunftsinvestitionen und die Absenkung der Sozialabgaben eingesetzt werden.

Die von uns vorgelegte Reform der Erbschaftsteuer sieht eine gerechtere Besteuerung durch eine realistische Bewertung des Grund- und Immobilienvermögens vor. Bei den engsten Familienangehörigen gelten hohe Freibeträge von 500.000 Euro für Ehegatten und 400.000 Euro für Kinder.

Zugleich gilt besonders für entfernte Verwandte oder andere Begünstigte: Erben ist keine eigene Leistung. Zu einem gerechten Steuersystem gehört die Besteuerung großer Erbschaften.

Auch Fehlleistungen von wirtschaftlichen Führungskräften dürfen nichts anders bewertet werden als Versäumnisse von normalen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Wir haben deshalb Vorschläge vorgelegt, wie sich den skandalösen Auswüchsen bei Managereinkünften und -abfindungen begegnen lässt. Wir wollen die Kontrollfunktion der Aufsichtsräte stärken. Das Entscheidungsverfahren über Vorstandsbezüge soll transparent sein, Klüngelrunden darf es nicht mehr geben. Kriterien für die Angemessenheit der Bezahlung müssen konkretisiert werden. Zudem wollen wir die steuerliche Abzugsfähigkeit als Betriebsausgaben begrenzen.

Aufstieg für Deutschland – Politik für die solidarische Mehrheit

Kräftiges Wachstum und gute Arbeit, ein handlungsfähiger Staat, der nachhaltig investieren kann und faire Regeln durchsetzt, eine bessere Einkommenslage für die Mitte der Gesellschaft und eine solidarische Beteiligung der Spitzenverdiener – das ist der Weg, um Deutschlands Erfolg der letzten Jahre fortzuführen und den Aufschwung zu verbreitern.

Politik für die solidarische Mehrheit heißt, die Aufstiegschancen für alle zu erneuern.

  • Gleiche Chancen zu schaffen, unabhängig von der Herkunft, der Region, dem Geschlecht oder dem Alter, ist ein Gebot der sozialen Gerechtigkeit.
  • Gleiche Chancen zu schaffen, ist notwendig, damit Leistung sich für alle lohnt.
  • Gleiche Chancen für jede und jeden zu schaffen, heißt, die großen Möglichkeiten unseres

Die deutsche Sozialdemokratie will mit der solidarischen Mehrheit in unserem Land die gemeinsamen Anstrengungen stärken und die Zukunft gewinnen.

Herausgeber: SPD-Parteivorstand 10963 Berlin www.spd.de Eine Dokumentation vom Tag

Die Rede von Gesine Schwan

Die Preisverleihung des Wettbewerbs „Gute Arbeit! Film ab!“